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  • AutorenbildWalter B.

Coronaverdachtsfall(e)

Es ist Sonntag. Langsam erwachen in unserer Wohnung die Kinder und wir stehen auf. Sie verlangen nach dem Frühstück und meine Frau und ich machen uns ran, die Toastbrote mit Birnenmarmelade zu schmieren. Plötzlich hören wir ein Recken und Würgen. Meinem kleinen Großen geht es nicht gut. Ich schnappe ihn, trage ihn zum Klo. Brille rauf und er würgt das Brot wieder empor und lässt es langsam in die Schüssel gleiten. „Papa, Mama, mir geht es nicht gut." Es folgt eine unspektakuläre Reaktion unsererseits und er setzt sich zurück zum Tisch. Wir hoffen und denken, dass es nichts Schlimmes sein kann. Er wirkt etwas niedergeschlagen, aber noch nicht krank. Heimlich sprechen wir uns ab und kommen zu dem Entschluss ihn weiter zu beobachten. Er spielt ein wenig mit seinem kleinen Bruder. Setzt sich dann auf die Couch und sagt wieder: „Mama, Papa, mir geht es schlecht." Meine Frau eilt zu ihm. Fühlt seine Stirn und seinen Nacken. Tatsächlich fühlt er sich warm an. Tatsächlich zittert er ein wenig. Ich nehme ihn in den Arm. Meine Frau holt das Fieberthermometer. Wir messen und beten innerlich: " Bloß kein Fieber, bitte." Nach den letzten Wochen ist jeder Tag im Kindergarten ein klein wenig Seelenfrieden. 37,9 Grad, meine Frau flüstert mir diese Worte entgegen. Ich verdrehe die Augen und könnte losheulen. "Moment was bedeutet das nun für uns? Müssen wir das Fieber beobachten? Sollen wir gleich die 1450 anrufen? Hat er Covid19? Hat er es vom Kindergarten? Wie lange hat er es schon? Kann ich zum Arbeiten anfangen?" Fragen über Fragen. Wir beschließen noch ein wenig abzuwarten, wie es sich entwickelt. Stündlich messen wir seine Temperatur. 38,3 Grad. Es ist ja auch wirklich zum Verzweifeln. 38,9 Grad. Sollen wir anrufen? Er wird immer müder und schläft uns ein. Wir beraten uns wieder, während der Kleinste im Haus durch die Zimmer tobt. Er schwitzt und hat ganz rote Backen. Er wacht auf, 39,3 Grad. Wir rufen bei 1450 an. Superschnell und wirklich freundlich wird uns gesagt, wie wir uns verhalten sollen. Es würde bald jemand zum Testen kommen. Wir warten und unser Patient fiebert weiter. Es läutet. Der kleine Wirbelwind schießt auf den Flur hinaus und eine wahnsinnig, nette Dame kommt in Schutzkleidung und mit Maske zu uns in die Wohnung. Nach einigen Formalitäten startet die Testung. Ein Wattestäbchen kommt zum Einsatz und wird tief in den Rachen geschoben. "Das Ergebnis bekommen sie in den nächsten 48 Stunden per SMS zu gesendet." Kaum ist der Test vorbei, bangen wir um die nächsten zwei Tage. Alle zuhause, eine Frau, die Vollzeit arbeiten muss und ein krankes und ein gesundes Kind. "Es sind ja nur zwei weitere Tage, reden wir uns ein und geben uns gegenseitig Kraft. In den folgenden 48 Stunden kletterte die Temperatur mal rauf, mal runter, je nach Medikamentenverabreichung. Doch schließlich ist er fieberfrei. Dann endlich kommt eine SMS: Ihr Ergebnis ist negativ. Meiner Frau und mir fällt ein Stein, eine Last vom Herzen und wir können uns einfach nur freuen.

© Weudl


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