Was bliebe übrig?
- Walter B.
- 28. Apr. 2020
- 2 Min. Lesezeit
Ein Schokoriegel und ich denken laut nach: Die Welt steht still und gleichzeitig weint sie, zeigt uns Grenzen auf und demoralisiert uns, in unseren gesellschaftlichen Grundlagen. Sie zeigt uns, jetzt gerade, in diesem Augenblick, wie klein wir tatsächlich sind. Während Politiker versuchen ein "normales Leben" am Laufen zu halten, hackeln sich Pfleger/innen und Ärzte/Ärztinnen krumm und dämlich um die Kranken und Schwachen in den Krankenhäusern mit Würde und Anstand zu behandeln. Kindergärtner/innen wahren die Möglichkeit der außerhäuslichen Betreuung und Lehrer/innen gewährleisten eine Fortsetzung des Unterrichts im digitalen Zeitalter. Polizisten/innen wahren die Staatsgewalt und Medien unterhalten uns im Zeitalter der digitalen Transparenz mit Bildungsfernsehen und Uraufführungen. Kleinunternehmer unternehmen, unternehmerisch gerade wenig, bis gar nichts, und melden Konkurs an. Der 56jährige Kreislerbesitzer lässt sich einen Onlineshop generieren, natürlich mit Versandmöglichkeiten, sonst bleibt er online auf seiner Ware sitzen und versendet nur noch Insolvenzformulare an Behörden, was bliebe ihm denn sonst noch übrig? Ein Biss vom Schokoriegel hilft! Schüler sollen/dürfen/müssen sich eigenständig, digitale Grundkenntnisse aneignen um den "AchsogefordertendigitalenStandard" zu erfüllen. In einigen Fällen fehlt das nötige digitale Equipment, in anderen Fällen, der Wille und die Unterstützung des häuslichen Lernens. Eltern sitzen gefangen in der Zwickmühle und versuchen mehr oder weniger durch den Tag zu kommen, ohne häusliche Gewalt anzuwenden. Während Mama zuhause, wohlgemerkt im Homeoffice, versucht ihre Zoombesprechung ohne kindliche Ablenkung durch zu ziehen, steht Papa möglicherweise auf der Baustelle, oder sitzt im Büro, sonst stünde Papa nämlich arbeitslos da. Unleistbar für Alle, was bliebe am Ende übrig? Schokoriegel, für alle, BITTE! Beim Supermarkt meines Vertrauens händigt man mir eine Schutzmaske aus und wischt über den Griff des Einkaufwagerls mit Desinfektionsmittelchen. Ich atme ein und atme aus, dann tauche ich ab in die merkwürdige von Maskenmenschen befüllte Supermarkthalle, sehe verächtliche Blicke und spüre die allgegenwärtige Angst vor dem Virus. Die einkaufende Masse wartet achtsam, überholt nicht, drängelt nicht und hält bewusst, zumindest 1,5m Abstand. Selbst ich, ein kleiner anarchischer Punk sitzt in meinem Köpfchen, halte mich natürlich auch an die neuen Regeln und verhalte mich, menschenscheu, sozialunfähig und leicht panisch. Was bliebe mir denn sonst übrig? Schokoriegel hamstern unbedingt! Immerhin möchte ich ja auch ein Teil vom großen Ganzen sein. Immerhin bin ich ein potentieller Wirt und Überträger. Immerhin sind diese Zeilen vielleicht ein Denkanstoß, eine Chance, eine Reform. Für dich, mich, uns und alle auf unserem tollen Planeten. Was bliebe uns denn sonst übrig? Mein Schokoriegel hat mich verlassen...
© WalterB

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